2022 war ein besonderes Jahr für den Karlsruher Klimafonds: Wir feierten 10 Jahre Aufforstungsprojekte in Ecuador! Aus diesem Anlass haben wir uns einen etwas anderen Jahresrückblick überlegt. Dafür suchten wir unsere persönlichen Lieblingsbilder von dem diesjährigen Projektbesuch im Nebelwald aus und erzählen Ihnen zu jedem Foto die jeweilige Geschichte dahinter. Hoffentlich bereitet Ihnen die Rückschau in Bildern genauso große Freude wie uns.

Wir wünschen Ihnen allen einen guten Start ins Jahr 2023!

Lieblingsbild #1: Die Schönheit des Nebelwaldes

Der Nebelwald im Kanton San Miguel de los Bancos in Pichincha, Ecuador © KEK

Solche Aufnahmen des Nebelwaldes erinnern uns immer wieder daran, für was wir gemeinsam mit dem Team in Mindo das ganze Jahr über arbeiten und wie wichtig diese Mission ist. Rund um unsere Aufforstungsprojekte gibt es noch einige kleine Bestände von Primärregenwald. Doch inzwischen stellen sie nur noch 5 % der Flächen im Kanton San Miguel de Los Bancos dar. Der Großteil wird als Weideflächen intensiv für die Viehzucht genutzt. Seit zehn Jahren lautet unser Ziel deshalb, so viele „Puntos Verdes“ (grüne Flecken) wie möglich in der Region zu schaffen und so den faszinierenden Nebelwald zu regenerieren.

Lieblingsbild #2: Kreativität, die begeistert

Iván Ortíz mit seinem selbstgeflochtenen Rucksack bei der Pflanzung © KEK

Im Jahr 2022 schloss das Team Mindo das Aufforstungsprojekt Milpe in Rekordzeit ab. Eine Pilotfläche von einem Hektar wurde innerhalb von wenigen Tagen aufgeforstet, die restlichen fünf Hektar folgten in nur zwei Wochen. Das war neben der langjährigen Erfahrung auch der Kreativität der Arbeiter*innen zu verdanken. So entwickelte Iván Ortíz zusammen mit seiner Familie ein neues Transportmittel für die Setzlinge: einen selbstgeflochtenen Rucksack, in dem sich die Setzlinge problemlos durch schwieriges Gelände transportieren lassen.

Lieblingsbild #3: Das Zusammenspiel von Klima- und Artenschutz

Ein Anden-Bartvogel in Mindo, Pichincha, Ecuador © Heike Brieschke

In unserer täglichen Arbeit sind wir von einer Sache fest überzeugt: Artenschutz und Klimaschutz sind zwei Seiten derselben Medaille. Das eine wird nur zusammen mit dem anderen gelingen. Auch deshalb sind die Projektbesuche in Ecuador für uns so wertvoll. Denn der Begriff „Artenvielfalt“ lässt sich zwar erklären, doch ihn einmal selbst zu erleben hinterlässt einen wirklich bleibenden Eindruck. Umso erfreulicher ist es, dass sich die Artenvielfalt auf unseren Aufforstungsflächen langsam aber sicher erholt. Unsere Artenschutzbeauftragte Heike Brieschke zählt von Jahr zu Jahr mehr Vogelarten.

Lieblingsbild #4: Ein lebendiges Arbeitsumfeld

Aufforstungsmanager Pedro Peñafiel mit einer Vogelspinne in der Baumschule von Mindo Lindo in Mindo, Ecuador © Nicanor Mejía

Die Pflanzperioden setzen das gesamte Team einem Stresstest aus, denn es müssen viele Aufgaben in einem kurzen Zeitraum erledigt werden: Die Erstellung von Pflanzplänen, der Kauf von Setzlingen, der Transport zum und innerhalb des Grundstücks, der Einsatz der Arbeiter*innen, die Budgetplanung und vieles mehr. Hinzu kommen äußere Faktoren, die nicht kontrollierbar sind, wie beispielsweise das Wetter. Doch das Arbeiten inmitten diverser faszinierender Arten erinnert stets daran, wie wichtig unsere Arbeit für die lokale Flora und Fauna ist. Mit seiner guten Laune und seinen lustigen wie auch interessanten Anekdoten weiß unser lokaler Projektkoordinator Pedro Peñafiel außerdem die Arbeitsatmosphäre aufzulockern. Hier präsentiert er tiefenentspannt eine gigantische Vogelspinne, die durch unsere Arbeit eine sichere Heimat findet.

Lieblingsbild #5: Faszination Bäume

Aufforstungsmanager Nicanor Mejía bei der Bestimmung einer neuen Baumart auf der Aufforstungsfläche „Milpe“ in San Miguel de los Bancos, Ecuador © KEK

Doch Pedro Peñafiel ist nicht der einzige, der eine ansteckende Begeisterung für das Thema mitbringt. Nicanor Mejía, der das Team in Ecuador 2020 als Forstingenieur verstärkte, hat neben der Arbeit in den Aufforstungsprojekten auch ein Hobby, das er gelegentlich auf den Flächen ausüben kann: Er ist auf der Suche nach neuen Baumarten. Hin und wieder entdeckt er eine ihm bisher unbekannte Baumart und wartet anschließend oft mehrere Monate, bis der Baum blüht und Früchte trägt. Denn erst dann lässt sich dieser sicher bestimmen und möglicherweise als neue Art beschreiben. Während der Begehung der neuen Aufforstungsfläche „Milpe“ konnten wir diesen Moment von unserem begeisterten Teammitglied einfangen.

Lieblingsbild #6: Die eigene Baumschule

Lourdes und Norma Ortíz inmitten ihrer eigenen Setzlinge im Kanton San Miguel de los Bancos in Pichincha, Ecuador © KEK

Die Begeisterung für Bäume macht auch vor den weiblichen Pflanzerinnen nicht Halt. So leiten Lourdes und Norma Ortíz neben ihrer Arbeit auf den Aufforstungsflächen inzwischen eine eigene Baumschule und produzieren sowohl für die KEK als auch für andere Aufforstungsprojekte in der Region Setzlinge heimischer Baumarten. Dadurch lernen sie einerseits auf ganz praktische Weise noch mehr über die Besonderheiten der einzelnen Pflanzen, andererseits sichern sie sich somit eine weitere Einnahmequelle. Und das erfüllt nicht nur sie selbst, sondern auch uns als Projektleiter*innen mit Stolz!

 


Ihnen hat unser persönlicher Einblick in die Projektarbeit vor Ort gefallen und Sie möchten diesen Einsatz unterstützen? Dann können Sie über diesen Link einen Baum auf unseren Aufforstungsflächen pflanzen oder hier Ihren eigenen CO2-Fußabdruck ausgleichen.

 

Weitere Informationen:

 

Seit nunmehr zehn Jahren leitet die KEK über den Karlsruher Klimafonds eigene Aufforstungsprojekte in Ecuador. Dieses Jubiläum wurde im Frühjahr während des Projektbesuchs im Nebelwald gemeinsam mit allen Kooperationspartner*innen gefeiert. 


4 Aufforstungsprojekte, 44,8 aufgeforstete Hektar Weidefläche, 44.080 gepflanzte Bäume – es gab viele Gründe für eine Jubiläumsfeier. So trafen sich am 23. März neben den beiden Projektteams aus Mindo und Karlsruhe auch die zahlreichen Wegbegleiter*innen und Unterstützer*innen der letzten zehn Jahre zum gemeinsamen Anstoßen im Restaurant „San José de Saloya“. Auch Betreiber*innen der lokalen Baumschulen sowie eine engagierte Gruppe aus ehemaligen Schüler*innen aus Mindo, die das Projekt in ihrer Schulzeit unterstützt hat, waren gekommen, um das Jubiläum zu feiern.

Die gemeinsame Mission verbindet

Schon bei der Begrüßungsrunde wurde die hohe intrinsische Motivation aller deutlich, sich für den Wald und das Klima zu engagieren. Pedro Peñafiel, der von Beginn an die Projekte vor Ort koordiniert, hat eine ansteckende Begeisterung für Bäume. „Seitdem ich mit Pedro arbeite, habe ich so viel Neues über die heimischen Baumarten gelernt, dass wir direkt eine eigene Baumschule gegründet haben“, berichtete Aída Espín, eine der langjährigen Aufforstungsmitarbeiterinnen. Wie die Familie Espín, haben viele der Anwesenden auch durch die Aufforstungsprojekte einen ganz neuen Bezug zum Wald vor ihrer Haustür gefunden.

Gelebte „Tradición ecuatoriana“

Die Jubiläumsfeier war geprägt von leidenschaftlichen Reden, eifrigem Austausch und leckerem typisch ecuadorianischem Essen mit frittierter Yucca und Kochbanen. Doch nicht nur das Buffet war typisch ecuadorianisch: Fatima, eine ehemalige Schülerin des Gymnasiums in Mindo überraschte die Gäste mit einer spontanen Gesangseinlage, bei der sie traditionelle ecuadorianische Pasillos sowie Lieder in der indigenen Sprache Quichua vortrug.

Auf die nächsten 10 Jahre!

Beim anschließenden Kaffee und persönlichen Gesprächen blieb auch noch Zeit, die vergangenen zehn Jahre Revue passieren zu lassen. Dabei unterstrichen viele den Wunsch, gemeinsam weitere Flächen ehemaligen Nebelwaldes wieder aufzuforsten, um dieses wertvolle Ökosystem zu erhalten.

Wie das lokale Aufforstungsteam will auch die KEK in den nächsten Jahren weiterhin ihren Beitrag für globalen Klimaschutz leisten. „Es ist unser klares Ziel, weitere Aufforstungsflächen für unsere gemeinsame Mission zu finden“, bekräftigte Dirk Vogeley zur Verabschiedung.

Fotos: ©KEK 

Nachdem das Aufforstungsteam rund um Pedro Peñafiel auch die zweite und damit letzte Pflanzung auf unserem neuen Aufforstungsgelände „Mirador“ erfolgreich abgeschlossen hat, wird das Projekt aktuell zertifiziert. Bei den dafür notwendigen Begehungen kontrollierte ein externer Umweltgutachter, ob die strikten Vorgaben des Gold Standards auf den aufgeforsteten Flächen eingehalten wurden. Da eine solche Zertifizierung aus der Ferne nur sehr bedingt möglich ist, reisten wir Mitte März gemeinsam nach Ecuador. Die Emissionen, die durch die Flüge entstanden sind, kompensiert die KEK über die eigenen Projekte.


Gepflanzt und begutachtet! Fast eine Woche lang besuchten wir gemeinsam mit dem Gutachter zum einen die neue Aufforstungsfläche „Mirador“, bei der er vor allem das korrekte Vorgehen bei der Pflanzung und der Dokumentation der Aktivitäten prüfte. Zum anderen kontrollierten wir auch die beiden anderen Aufforstungsprojekte der KEK, die bereits zertifiziert sind, im Rahmen eines Monitorings. Das Monitoring erfolgt in regelmäßigen Zeitabständen (zunächst alle 2, später alle 5 Jahre).

Nach Anleitung wird unter anderem kontrolliert, ob sich die Baumsetzlinge gesund entwickeln und das Projektgrundstück gut gesichert ist, sodass beispielsweise Kühe von benachbarten Grundstücken keinen Zugang zur Aufforstungsfläche haben. Nur so kann garantiert werden, dass die Bäume wirklich stehen bleiben und zu einem neuen Wald heranwachsen. Doch neben der ökologischen Komponente, darf auch die der soziale Aspekt nicht zu kurz kommen: Es werden beispielsweise Interviews zu den Themen Arbeitssicherheit und Zufriedenheit mit den Mitarbeitenden vor Ort geführt.

Die Ergebnisse der Zertifizierung und des Monitorings werden jeweils in Berichten zusammengefasst, die für Transparenz in den Projekten sorgen sollen. Unser Eindruck war jedenfalls durchweg positiv und wir waren begeistert zu sehen, dass die Bäume in unserem ältesten Projekt (Saloya) zum Teil bereits ganze 17 Meter hoch sind! Zum Vergleich gibt es unten drei Baumbilder aus den drei verschiedenen Projekten:

Fotos: © KEK

Vor zwei Jahren absolvierte Jakob sein Auslandssemester in Ecuador und kam durch Zufall zu unseren Wiederbewaldungsprojekten bei Mindo. Bis vor kurzem machte er ein Praktikum in unserem Büro in Karlsruhe, um die andere Seite der Aufforstungsprojekte kennenzulernen. Hier berichtet er von seinem Arbeitsalltag im Nebelwald und bei der KEK.


Es ist Mitte Dezember 2019 und der Wecker klingelt. Mit der senkrecht steigenden Sonne wird es zügig hell und ringsherum beginnt das Leben des Tages im dichten Wald. Meine Kommilitonin Luna und ich befinden uns in den West-Anden Ecuadors auf rund 1.700 m über dem Meeresspiegel und ziemlich genau auf Höhe des Äquators. Durch die vom Pazifik kommenden Wolken, die an den Bergen hängen bleiben, entsteht hier das einzigartige Ökosystem Nebelwald.

Wir machen uns für unseren heutigen Arbeitstag im Feld bereit, frühstücken, ziehen unsere Gummistiefel an und packen die wichtigsten Arbeitsutensilien ein: die Regenjacke (es regnet im Laufe des Tages fast immer), Sonnenschutz (sobald die Wolken weiterziehen wird es heiß) und die Machete (sie ist für fast jede Arbeit im Tropenwald eine Hilfe). Vor dem Holzhaus, in dem wir untergebracht sind, treffen wir Pedro. Er leitet die Aufforstungsprojekte der KEK bei Mindo in Ecuador und ist unser Praktikumsbetreuer. Zusammen mit ihm stellen wir uns an die Landstraße und warten auf den nächsten Bus. Da es hier keine festen Bushaltestellen und Abfahrzeiten gibt, haben wir manchmal Glück und es kommt direkt ein Bus, dem wir zuwinken, oder wir nutzen die Wartezeit, um den Tag zu besprechen.

Aktuell gibt es viel zu tun, denn auf einer der Aufforstungsflächen wird die nächste Pflanzung vorbereitet. Mit einem kleinen Team sind wir aktuell dafür zuständig, die kleinen Baumsetzlinge vom Anfang des Geländes an der Straße zu den Pflanzflächen zu transportieren. Etappenweise schieben und tragen wir mehrere tausend Bäumchen auf Pfaden und durch kleine Flüsse in dem bergigen Gelände. Auf den Pflanzflächen bereiten weitere Arbeiter*innen schon Pflanzkreise vor, indem sie das widerspenstige Weidegras mit der Machete kürzen, sodass die Bäumchen nicht überwachsen werden. Auch nach der Pflanzung stehen regelmäßige Pflegemaßnahmen an und das Wachstum der Bäume wird im Monitoring (zunächst alle 2, später alle 5 Jahre) kontrolliert und notiert. Auch dabei haben wir auf weiteren wiederbewaldeten Flächen, auf denen die Bäume schon etwas größer sind, bereits geholfen. Nach der körperlichen Arbeit im Feld sind wir abends erschöpft und freuen uns auf warmes Essen und eine Dusche.

So sah ein typischer Arbeitsalltag in den Wiederbewaldungsprojekten bei Mindo aus. Nur durch Zufall kamen Luna und ich vor gut zwei Jahren dort hin: Wir waren nach Ecuador in ein Naturschutzreservat gereist, um ein praktisches Auslandssemester für unser Studium International Forest Ecosystem Management zu absolvieren. Aufgrund schwieriger Umstände suchten wir aber kurz nach Beginn eine andere Praktikumsstelle. Ohne das zu wissen, hatte meine Schwester im Karlsruher Zoo eine Infotafel über ein Aufforstungsprojekt in Ecuador entdeckt und schickte mir ein Foto. So kamen wir zur Aufforstung bei Mindo, die über den Karlsruher Klimafonds organisiert und finanziert wird. Nach unserer Zeit in Südamerika wollte ich auch die deutsche Seite des Klimafonds und weitere Projekte der KEK kennenlernen und habe mich deshalb für ein Praktikum beworben.

Es ist Mitte Februar 2022 und der Wecker klingelt. Auf meinem Stockwerk im Studierendenwohnheim rührt sich noch nichts und ich löffle verschlafen mein Müsli. Ich packe mich warm ein und hole mein Fahrrad aus dem Schuppen. Die Wintersonne lässt sich Zeit und am Horizont wird es nur langsam hell, doch die ersten Vogelstimmen kündigen schon das Frühjahr an. Ich freue mich über die gut ausgebauten Radwege und fahre vorbei am schönen Schloss und über den Marktplatz – schon bin ich am Büro der KEK angelangt.

Als Erstes stelle ich den Lastenkarle – ein elektrisches Lastenrad, das sich jede*r ausleihen kann – aus dem Hinterhof vor das Beratungszentrum und gehe dann hoch zu den Büroräumen. Im ersten Stock begrüße ich Maria, die bereits am Schreibtisch sitzt. Mit ihr habe ich aktuell am meisten zu tun, da sie die Projekte des Karlsruher Klimafonds leitet. Da gerade neue Aufforstungsflächen in Ecuador organisiert werden und im März die nächste Reise dorthin stattfindet, stehen zurzeit viele Aufgaben an. Von einem externen Gutachter sollen die Aufforstungsprojekte Mirador, Saloya und La Elenita geprüft und zertifiziert werden und neue Flächen mit dem Aufforstungsteam begangen werden.

In Meetings und persönlichen Gesprächen bekomme ich einen genaueren Einblick in die Projektplanung und unterstütze bei der Vorbereitung von Projektdokumenten und Pflanzplänen für die Zertifizierung. Die meisten Organisationsarbeiten finden am Schreibtisch und PC statt, was durch die aktuellen Pandemie-Beschränkungen noch verstärkt wird. Dementsprechend sind hier statt wasserfesten Gummistiefeln und geschärfter Machete eine intakte Internetverbindung und die richtig-verkabelten, technischen Geräte mit gut organisierten Kalendern und Ordnerstrukturen wichtig.

Da ich auch mit einigen anderen Mitarbeiter*innen zu tun habe, bekomme ich immer wieder Einblick in die vielen Bereiche der KEK wie z.B. die Öffentlichkeitsarbeit, das Beratungszentrum oder die Arbeit mit städtischen Einrichtungen. Regelmäßiges Postwegbringen, Flyerverteilen in der Stadt, Umweltbildung in Schulen oder Beratungen rund um Photovoltaik, Gebäude und E-Mobilität sind eine gute Abwechslung zur Schreibtischarbeit. Nach der Arbeit sind mein Kopf und Rücken erschöpft und ich freue mich auf Bewegung an der frischen Luft und mit jeder Woche auf ein bisschen mehr Sonne.

Fotos: © KEK

Mittlerweile ist allgemein bekannt, dass zahlreiche Tier- und Pflanzenarten vom Aussterben bedroht sind. Der Biodiversitätsverlust wird von Wissenschaftler*innen weltweit als eines der größten Probleme betrachtet, mit erheblichen zukünftigen Auswirkungen auf das Leben der Menschen. Intensivierte Landwirtschaft, Zerschneidung und Verkleinerung von Lebensräumen, der Klimawandel oder Wilderei sind nur einige von vielen Gründen für den Biodiversitätsschwund. Umso wichtiger ist es, etwas für die biologische Vielfalt zu tun!


Doch was bedeutet „Biodiversität“ eigentlich konkret?

Der Begriff „Biodiversität“ ist die Kurzform von „biologische Vielfalt“ und wurde erstmals in der US-amerikanischen Naturschutzbewegung in den 80-er Jahren verwendet. Biodiversität umfasst neben der Artenvielfalt auch die Lebensraum- bzw. Ökosystemvielfalt auf größerer Ebene und die genetische Vielfalt auf kleinerer Ebene. Je mehr unterschiedliche Lebensräume erhalten (oder wiederhergestellt) werden, desto mehr unterschiedliche Tier- und Pflanzenarten haben die Chance zu leben. Wenn Lebensräume aus großen zusammenhängenden Flächen bestehen, wird die Suche nach Nahrung und Partnern erleichtert und die genetische Vielfalt einzelner Arten bleibt erhalten.

Die drei Ebenen der Biodiversität am Beispiel des tropischen Regenwaldes in Ecuador (Quelle: https://de.wikipedia.org)

Aufforstung führt zu steigender Biodiversität

Durch unsere Aufforstungsprojekte in Ecuador wird nicht nur Kohlendioxid von den wachsenden Bäumen gespeichert und somit Klimaschutz betrieben. Es entsteht auch neuer Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten. Die Region rund um Mindo ist bekannt für eine hohe Vielfalt an Vogelarten. Im Nebelwald, der auf dieser Höhe in den Anden entsteht, gibt es viele seltene Pflanzenarten wie z.B. seltene Bromelien. Die Aufforstung ehemaliger Weideflächen führt dazu, dass einige Arten wieder mehr Lebensraum finden und zwischen vereinzelten Waldflächen migrieren können. Unsere Aufforstungsflächen werden vor dem Projektstart nach ihrem Potenzial zur Biodiversitätssteigerung bewertet und in den Folgejahren der Aufforstung regelmäßig auf verschiedene Arten (Vögel & Epiphyten) untersucht. Beispielweise konnte auf den Flächen „La Elenita“ und „Saloya“ eine Steigerung der Vogelarten um mehr als das Dreifache innerhalb sechs und acht Jahren beobachtet werden (siehe hier).

Schon gewusst, wo die höchste Biodiversität anzutreffen ist?

Ecuador ist gemessen an seiner Fläche das Land mit der weltweit höchsten Dichte an Arten und gehört zu den 17 Megadiversity-Ländern. Die vielen unterschiedlichen Ökosysteme im Amazonas-Tiefland im Osten des Landes, die Anden mit ihren Hochebenen sowie montanen Regen-, Wolken und Nebelwälder an den Hängen bis zu den Mangroven-Wäldern im Westen am Pazifik (und die Galapagos-Inseln, die zu Ecuador gehören) beherbergen eine riesige Pflanzen- und Artenvielfalt. Die Biodiversität in Ecuador ist vor allem durch die Abholzung von Wäldern (überwiegend zur Umwandlung in landwirtschaftliche Fläche) sowie Bergbau und Erdölförderung gefährdet. Der Natur- und Biodiversitätsschutz wurde in den letzten Jahrzehnten zwar national und international bestärkt, trotzdem bleibt die große Vielfalt stark bedroht und globaler Artenschutz eine der wichtigsten Aufgaben unserer Zeit.

Wie kann Biodiversitätsverlust verhindert werden?

Wissenschaftler*innen, die im Rahmen des IPBES-Berichts zur Biodiversitätskrise forschen, fordern einen globalen, transformativen Wandel. Dazu gehört zum Beispiel ein wirtschaftliches Handeln innerhalb der planetaren Grenzen, das alte Wachstumsparadigmen hinterfragt, eine Ausrichtung der Landwirtschaft zu gesunder Lebensraum- und Bodenbehandlung wie z.B. ökologische Landwirtschaft und Agroforst und nachhaltiger Städtebau. Um die Biodiversität zu schützen muss die Umweltverschmutzung und der Habitat-Verlust eingedämmt werden, wichtige bestehende Ökosysteme wie (Ur-)Wälder geschützt werden und wo möglich wiederhergestellt werden.

Wie kann jede*r die Biodiversität schützen?

Zum Schutz der biologischen Vielfalt in Deutschland, Ecuador und weltweit kann jede*r etwas beitragen:

  • Wer beim Einkauf saisonale, regionale und biologische Lebensmittel bevorzugt und weniger, aber hochwertigere tierische Produkte kauft, fördert eine für Mensch und Umwelt gesündere Landwirtschaft
  • Fair gehandelte Waren können z.B. Wilderei vorbeugen.
  • Rund um Haus und Garten kann auf ökologisches Bauen und Insekten- und Tierfreundliche Bepflanzung mit Rückzugsorten geachtet werden: Konkrete Tipps gibt’s am 24. März 2022 beim KEK-Onlinevortrag
  • Reduktion von (Verpackungs-)Müll führt zu weniger Schadstoffbelastung in der Umwelt
  • Papierprodukte aus recycelten Material schonen Tropenwälder und damit wichtige Lebensräume
  • Eine nachhaltige Geldanlage führt zu Unterstützung an „richtiger“ Stelle
  • Über den privaten Bereich hinaus kann ein ökologisches, soziales und politisches Engagement zu großer Veränderung beitragen: z.B. am 25. März 2022 beim nächsten globalen Klimastreik von Fridays for Future.